Freitag, 20. Februar 2009

Im Jetzt, I

Allmählich könnte man sagen, ich komme an in der Stadt.

Hier eine Verabredung zum Kaffee, da in einen Poetry Slam, ein Bier zwischen zwei Momenten, in denen man sich zum ersten Mal wirklich in die Augen schaut. Tausend e-mails zu beantworten und hinter jedem ein unbekanntes Gesicht und tausend peinliche, kommende Situationen. Das alles pumpt mir Adrenalin in einem steten Fluss gegen die Schläfen und in meinen Ohren rauscht es nur noch. Werde ich jemals ein Gefühl vom Jetzt erhalten?
Irgendwie bin ich immer entweder hinterher oder vorraus.

Tagelang wünscht man sich Aufregung und Kurzweil und dann hat man Angst vor jeder Begegnung, vor jeder Zuneigung wie auch Ablehnung. Werde ich soziophatisch?

Auf dem Laufband frei fühlen, inmitten der schönen Hüllen um mich herum und der ganzen Luft, die nach Solarium und Chlor riecht, hab ich kurz vergessen, wie schwer es ist, das zu kriegen was man will oder überhaupt herauszufinden, was man will. Aber nur kurz. Solange die Beine anstandslos mitmachten.

Das Leben ist ein Traum, fällt mir ein. Und nicht, weil ich das Wort Traum mit solcher Schönheit verbinde, sondern gesehen als so eine Art David-Lynch-Film. Ich stolpere von einer absurden Situation in die andere, weil ich mir vorschreibe, dass das alles so laufen muss und sein sollte und mich glücklich macht, dabei ist alles nur ewig und immer Beschäftigungstherapie. Hinter irgendeiner Türe spielt ein Schwein Blockflöte und ein leeres Gurkenglas übt Seilspringen. Nur nicht denken! Man fülle das Vakuum mit Zuckerwatte.

Selbst die richtigen Worte gehen im Strudel unter.
RUHE IM GERICHTSAAL!
Aber die Gehirnwindungen prügeln sich weiter auf die Fresse.
Aber egal.
Weiter.

Sonntag, 15. Februar 2009

Noch einmal

An diesem Tag, an dem wir alle zuende gehen,
da lass uns noch einmal Kinder sein.

In unseren Augen fliegen alle Dinge,
und in unseren Mündern wird alles zu Zucker und Kakao.

An jenem fernen Tage, an dem wir enden,
an dem Stunden versekunden,
alles schwindet,
da lass uns noch einmal zwei Kirschen über beide Ohren hängen,
sitzend auf dem höchsten Ast, dem dünnsten, der uns gerade noch trägt.
Lass uns Steine schnippen, die viermal, fünfmal, hundertmal titschen und flitschen.

An diesem Tage, zu dem mein hüpfendes Herz hinunterzählt,
da lass uns eine Höhle bauen aus zwei Matratzen und einer Pferdedecke.

Denn an diesem Tage werden wir Kinder sein, zum letzten, zum ersten Mal.
Jeder auf seine Weise,
Ob man ihm Grimassen schneidet,
oder sich vor Angst in die Hose pinkelt.

Lass uns doch bitte, ich fass dich bei der Hand,
die Nachbarin, die nette, die dicke, nach einer Nussschnecke fragen.
Bis uns unter den süßen Händen der dralle Bauch schmerzt.

Der Katze am Schwanz ziehen, bis die Mutter schimpft.
Dem Vater die Zeitung bringen und auf eine einzelne Mark hoffen.

Lass uns, lass uns bitte
einen Sandkuchen essen und dann wieder ausspucken.
Uns die Knie blutig schlagen am warmen Sommerasphalt,
von der Schaukel springen in hohem Bogen,
wippen bis einer weint,
kreischen bis die Ohren taub sind
und lachen bis alles kippt und alles wankt.

An diesem Tag, an dessen kahlem Ende wir uns betten,
da lass uns Hölzer in Kastanien stecken
und uns die Finger an heißen Maroni verbrennen,
bunte Folie auf Karton kleben,
durch eine Klopapierolle schauen
und in einen Becher sprechen.

Wir basteln dann eine Laterne, die uns den Weg leuchtet,
wo Sonne, Mond und Sterne nicht mehr scheinen.
Auf dem Weg teilen wir Mantel und das Zuckerbrot.

Auf eine Biene treten,
Uns auf eine Hummel hocken,
Einen Käfer schubsen.

Lass uns in einen Apfel beißen,
Auf einer Plastiktüte rodeln,
über das Eis gehen bevor es bricht.
Der Hund zieht vielleicht den Schlitten.

Lass uns bunte Perlen bügeln,
uns Blumen malen so groß wie das Papier.
Ein Haus aus bunten Klötzen bauen, statisch unmöglich,
der Puppe die Haare schneiden und
den Playmobilmann enthaupten.

Lass uns tausend Kleider anprobieren,
den roten Lippenstift im ganzen Gesicht verschmieren,
Modenschau machen vor dem großen Spiegel.
Erwachsen tun, aber wirklich nur so tun!
Uns mit Rasierschaum einen weißen Rauschebart machen.

Im Garten Tomaten ernten und Unkraut rupfen,
Himbeeren pflücken bis der Mund ganz rot ist und die Hände leer.
Freihändig Fahrrad fahren
Beidhändig klatschen und schief singen
Teller balancieren bis alle zerspringen.

Lass uns weinen bis wir in warmen Armen einschlafen,
um nie wieder aufzuwachen.

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